Dramatis Personae: Einige Astronauten, Einige Soziologen, Eine Soziologin (F), Eine ungerade Anzahl an Tetrissteinen, Ein unbeteiligter Beobachter, Das letzte Einhorn, Chor der Kakerlaken, Ein Priester / Ein Kammerjäger, Ein liebeshungriger Terrorist (M), Polizei/Rettung/Feuerwehr
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TETRISSTEIN
ich bin ein einfacher blauer tetrisstein und ich lebe die weisheiten meiner ahnen und urahnen.
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DIE TETRISSTEINE
tetrisstein ich bin ein tetrisstein.
tetrisstein ich bin auch ein tetrisstein!
tetrisstein hallo!
tetrisstein wollen wir kuscheln?
tetrisstein schau mal, mein rand. sieh mal, meine flächen. zeigt eine ecke. magst du mich da mal anfassen?
tetrisstein uh. das passt ja genau da rein.
sie stecken sich ineinander.
tetrisstein ja, oh ja. oh!
tetrisstein das passt ja genau.
tetrisstein und hier nochmal.
tetrisstein uh!
tetrisstein ah!
die tetrissteine schieben sich ineinander.
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EIN PRIESTER
ein priester läuft über die bühne, verbreitet weihrauch zwischen den zuschauerreihen in voller montur.
ich muss das hier mal kurz ausräuchern. ich kann die armen seelen nicht alleine lassen. muss hier mal zwischendrin kurz die ränder ausräuchern. ich lauf immer mal durch und muss die ränder ausräuchern, die ritzen, damits da nicht fault und stinkt. die sind ja voll die ränder, das ist alles voll.
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DIE SOZIOLOGIN
ich denke viel über die ränder nach, ich bin ja selber nie dort. ich denke ja gerne über die armen geschöpfe am rand von allem nach, es betrifft mich ja nicht. manchmal bekomme ich mitleid mit ihnen, dann streiche ich mit dem finger die statistiken entlang und denke mir, hinter jeder zahl steckt ein mensch, in jeder zahl steckt ein mensch und kommt nicht heraus.
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DER TERRORIST
ist mir scheißegal, ob sie mitsingen.
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ich werde jeden einzelnen von ihnen festnehmen, ich werde jeden einzelnen von ihnen knebeln, ich stopf ihnen einen jutebeutel in den mund, ja dir auch, lach nicht so blöd, ich werd euch alle knebeln.
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haha ich erzähle jetzt etwas, und jeder, der lacht, wird erschossen. nach der reihe. oder jeder, der nicht lacht, wird erschossen. am ende werden alle erschossen, nach der reihe. am ende ist keiner mehr da, aber alle haben es sich gemerkt.
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Besetzung: europa und der stier, chor der schwestern, die schwestern der zeit, das leben, die kleinen könige, der gelehrte, zwei bauern, ein kind, ein conquistador, ein priester, ein pfarrer, chor der putzkolonnen, der regenbogen, der wissenschaftler, chor der wissbegierigen, die kinder
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EUROPA
ich bin mit meinen schwestern im wasser gewesen, wir haben kränze in die luft geworfen und über unsere köpfe gesetzt. wir standen knöcheltief im offenen meer, das sich lange in die weite streckt, bevor es an tiefe gewinnt. von weitem hat eine stierherde sich uns genähert. die erste hat ih
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aber dann kam alles ganz anders.
der stier verfällt meinem blick und ich töte ihn mit einer spitze aus meinem haar. ich zupfe es mir vom kopf und steche es ihm mitten ins herz. sein herz wird hart und das blut versickert im körper.
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europa hackt dem stier den kopf ab und steckt ihn auf einen pfeiler.
der stierkopf schweigt mich an. der tote stier sagt nichts mehr. der tote stier hat nichts mehr zu sagen. nein.
ich erzähle euch noch mehr, ich erzähle euch noch was! hier beginnt ein neues kapitel, hier beginnt das kapitel hoffnung! hier beginnt die hoffnung, hier, woich stehe. sie beginnt hier mit jenen, die aus meinem schoß ins weiche gras kullern, ins satte leben rollen werden, aus meinem schoß mitten ins leben hinein. die kinder der zukunft fallen in diese erde. hier beginnt alles neu, wo ich ein freies land gründen werde, das meinen namen tragen soll. dieser kontinent, die geschichtsbücher sollen ihn nennen nach mir. ich muss hier nichts erobern, und ich muss hier nichts befruchten, nein! die kinder, die sein neues volk bilden werden, wachsen aus den blütenkelchenmeiner liebe! die künftigen kinder dieser erde werden aus dem saum meines kleides fallen, hinein in die blütenkelche des schönen lebens, und sie werden die zukunft dieser erde und die reine hoffnung sein!
ihr kinder, die ihr das neue sein werdet, auf die ich meine hoffnung setze! ihr sollt fröhlich sein, im sommer und winter einen freundlichen kontinent bevölkern!
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europa bewirft die ballgäste mit kuchen. gerechtigkeit für alle!
die ballgäste feuern mit brot zurück. brot fliegt auf die bühne. europa duckt sich.
der gelehrte: vorsicht, vorsicht! die kommen aber schroff daher mit ihrer gerechtigkeit.
europa: huch! duckt sich. ich hab mein bestes kleid an! das brot macht immerhin keine flecken.
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europa hebt das kleid hoch, darunter ist ihr rumpf übersäht mit zitzen. zeigt dem publikum ihre zitzen. putt putt putt!
die milch ist mir ausgegangen, da ist keine milch mehr in diesen brüsten drin, da ist nichts drin, in den brüsten ist nichts mehr drin, in den brüsten ist nur silikon drin! sieht das denn keiner?
puttputtputtputtputt
puttputtputtputt
puttputtputt
puttputt
lässt das kleid wieder fallen.
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DIE KLEINEN KÖNIGE
die kleinen könige
ich habe recht.
wir haben recht.
/wir haben das recht/
wir haben recht, weil wir gewonnen haben.
wir haben recht, seht ihr das nicht.
wir haben das recht, seht ihr uns denn nicht.
ich bin der könig. alle anderen sind gestorben über meinem schwert.
ich bin der könig, alle anderen sind gestorben unter meinem schwert.
ich bin der könig, alle anderen sind gestorben durch mein schwert.
zeigen jeweils ihre kinderschwerter dabei hoch.
wir sind eine kleine runde an kleinen königen.
wir gehen immer im kreis.
wer als letzter noch steht, hat verloren.
du hast verloren.
alle haben verloren, alle haben ihr leben verloren.
die anderen haben alle verloren, die anderen haben alle ihr leben verloren.
gewonnen!
gewonnen!
Figuren: figur 1+figur 2+figur 3 / der stern / die putzkraft / das hologramm / der stein bzw. die mauer / die institution / ein stück speichel
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FIGUR 1: was in der ausschreibung drinsteht, kann nicht falsch sein, weil ich sie gewonnen habe.
FIGUR 2: wir haben die ausschreibung gewonnen, also muss sie wahr sein.
FIGUR 3: wir sind alle hergekommen, daher wird es schon stimmen, was in der ausschreibung steht.
FIGUR 2: die ausschreibung kann nicht falsch sein, denn wir haben sie alle gelesen.
FIGUR 3: das ist mein sieb. das stand sicher in der ausschreibung.
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DER STERN
ich bin aufgewacht und war allein, irgendwann. ich habe die arme zurückgezogen, die ausgestreckt waren, weil ich sie so lange schon ausgestreckt hielt. aber da war nichts, was die fingerspitzen hätten berühren können. ich war allein vor einem blauen himmel und ohne die anderen sterne. es war vor zehn, vor zwanzig oder vor hundert jahren. da war keine wolke am himmel. ich habe die sternenarme eingezogen und bin umhergegangen, untergegangen, nein umhergegangen, ich war gelb, so wie ich jetzt gelb bin. ich war so wie immer, so wie ich immer bin. alles war so wie immer, nur anders. ich war allein. ich habe die arme eingeklappt und war traurig. ich habe mich im kreis gedreht, aber die arme hingen nur schlaff zur seite. ich habe gerufen, aber da kam nur ein leuchten, als antwort, ein kleines gelbes leuchten, und das war ich selber. das kam aus mir selbst heraus. ich war ein fernes flackern im all, ich war ein kleiner fleck und um mich nur der himmel. ich war der einzige stern. wo sind alle? warum? (singt its my party and i cry if i want to)
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DER STERN (der letzte stern der onion)
es heißt, ich spreche im delilarium. aber das ist nicht wahr. ich spreche, und ich
spreche klar.
schreit unverständliches wirres zeug.
zwiebel: zwiebelringe, zwiebelherz.
zwiebelstern
und zwiebelaug, ich hab dich gern.
ich bin schon zu lange da. ich glaube, ich bin schon viel zu lange da! ich habe alle
gern!
ich glaube, die haben mir was implantiert, oder programmiert, die haben mich
irgendwie programmiert, das sternengenominom, die haben mich geklount, ich
glaube, ja, nur ich bin ich, die anderen sind gar nicht ich, manchmal merke ich das,
aber es ist nicht schlimm!
ich will euch umarmen, aber dann bin ich voller zacken und es tut weh. niemand will
umarmt werden von mir, aber ich stehe doch für den frieden und die frutarnität, ich
stehe doch für die idee der onion, die montan, ich meine, die momentanonion, ich
meine, da gibt es kein kochrezept, da muss man durch. was ist mit der onion?
fischt einen zettel aus dem putzkraftkübel.
liest. zuerst die zwiebel fein zerhacken und fein zerschneiden. zuerst schälen und
fein abziehen und dann zerhacken. zuerst fein zerhacken von links und rechts und
oben und unten, die zwiebel hacken. zuerst zerhacken und dann jedes einzelne stück
nehmen und vorsichtig wieder zusammenkleben. ganz wichtig. die
zusammengeklebte zwiebel vorsichtig wieder in die sauce legen. kurz warten und
schwenken. wie es weitergeht kann ich nicht mehr erinnern, jedenfalls kann man
aber die die sauce und die zwiebel nicht essen, die sind dann natürlich giftig, wegen
dem klebstoff.
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FIGUR 1
ich habe eine ausschreibung gewonnen. mir wurde gesagt, ich habe eine ausschreibung gewonnen, und ich wurde damit beauftragt, eine wichtige aufgabe zu erfüllen. nimmt ein großes sieb. hier geht es um die zukunft! hier geht es um eine mission. die wichtigste mission meiner zeit. ich bin bereit. ich bin bereit! ok. wo bin ich?
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DER STERN
mein gott. dann wache ich auf aus meinen tagträumen. ich hänge halb aus dem bett. das bett ist viel zu schmal für mich. was hast du dir wieder gedacht, denke ich mir. das bett ist viel zu schmal, ich bin doch ein stern.
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DIE INSTITUTION
ich bin die institution, ich bin die institution, ich piep dich von vorne, ich mach dich onion! ich piep dich von hinten, ich piep piep piep, ich hab euch alle lieb. ich mach die ganze piep, ich piep die ganze piep, ich mach die ganze piep, piep in meinem piep, piep piep piep! piep piep piep piep piep! piep piep piep piep piep! wir werden alle gepiept, ihrwerdet alle gepiept. alles ist verpiept, wir werden alle gepiept, wir werden alle gepiept, ihr werdet alle gepiept, ihr werdet alle gepiept, wir werden alle gepiept!!!
DIE ERDE
hallo, ist da jemand? ich wollte nur sagen, dass ich da bin.
hört mich jemand?
es ist so dunkel. hallo?
ich hab so viel zu erzählen, ich habe so eine lange geschichte.
zuerst war es ganz heiß. als kind hatte ich ein langes fieber.
dann ist haut gewachsen über die wunde. eine dicke haut ist gewachsen, die so dick war irgendwann, dass sich meere darauf gebildet haben und land.
ich habe mich gedreht und nachgedacht, lange war nichts.
plötzlich sind amöben herumgekrochen auf mir und salzkörnchen und staubkörnchen und pilze und säugetiere sind in heerscharen über mich drübergetrampelt.
gejuckt hat es und gekitzelt und ich musste lachen, als ob es meine kinder wären.
es war immer etwas los.
das leben mochte ich gern, aber es ist schnell unübersichtlich geworden, alles davon.
ich mochte es lange und es wurde immer mehr. es kratzte mir in die haut und landete als leiche in meinem meer.
eines morgens hat es schon so gewimmelt, und dann ist etwas passiert.
eines morgens hat es so gewimmelt, dass beim drehen einige abgefallen sind.
sie fielen in kleinen stahlkapseln von mir ab.
da sah ich sie zum ersten mal, da haben wir uns angeblickt, als sie um mich herumgekreist sind.
sie hatten ein augenweiß und starrten.
da ist mir schlecht geworden.
was starrt ihr so, hab ich mir gedacht.
ich habe getan, als sei nichts. ich habe immer versucht, mich ruhig zu verhalten.
ich habe mich einfach weitergedreht, damit niemand verdacht schöpft.
flüstert.aber ich weiß, sie beobachten mich, ich weiß es. ich bin ja nicht blöd. sie beobachten mich, sie planen etwas. das kann ich spüren.
ich tue so, als sei nichts, aber ich weiß, dass das nicht stimmt. etwas hat sich verändert.
sie lauern mir auf.
flüstert.sie sind verrückt geworden.
JENS/Der letzte Mensch
von gott habe ich mir diverse botschaften durchgeben lassen, immer im glauben,
es würde endlich besser. er denkt ja doch an uns. das schicksal hat mir immer den weg gewiesen, aber
manchmal war es einfach nicht klar genug. brüder und schwestern, habe ich geschrien, und eine
handgranate geworfen, mitten in die menge hinein. das werden wir noch sehen, sagte ich nach abwurf
der bombe, und habe die größte gebaut, die es jemals geben sollte, die habe ich von überall
heruntergeworfen, das macht mir keiner nach, habe ich geschrien, und immer neue dinge erfunden,
bis alles voll war davon, immer mehr erde umgegraben, bis alles sauer war, es gibt keine grenzen,
habe ich geschrien, ich bin meine eigene grenze! brüder und schwestern! ich habe immer mehr
abgeschlachtet, abgeschöpft und abgefüllt, geköpft und krepieren lassen und gefoltert und zerheckselt
und angezündet, mit gift besprüht und sterben lassen, dann bin ich ins all geflogen und habe mir das
ganze einmal von oben angeschaut. so sieht das also aus. ich muss immer weitermachen, das nimmt
mir keiner ab, es muss immer weitergehen, es muss immer weitergehen, immer weiter, da ist kein
ende in sicht, ich höre nicht auf, mich kriegt ihr so schnell nicht unter, ich bin hier nämlich noch lange
nicht fertig!
DER ELEKTRIKER:
hat jetzt das kabel entrollt, kommt langsam nach vor, zum publikum. ich weiß nicht, ob ihnen das schon einmal aufgefallen ist, aber da sind so kleine kabel, da sind so kleine kabel drin, sehen sie? die sind farblich sortiert, da ist der strom drin. der strom geht zum beispiel durch das mikrofon in den boden rein und durch die wand und oben in die decke und da kommt er wieder raus. hier, schauen sie. der strom geht überall durch, der strom geht überall ein bisschen durch, da ist gar kein ort, wo am ende nicht ein bisschen strom durchgeht. man wird ihm nicht herr, und man bekommt ihn nicht zu gesicht. nur reinwerfen kann man sich und hoffen.
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DIE SOUFFLEUSE: zum Publikum das war der beste abend bis jetzt. das wollte ich ihnen noch sagen. mit ihnen war es bisher am besten.
im grunde gibt es nichts zu sagen, aber gesprochen wird viel.
gesprochen wird viel, und dann fällt es runter irgendwo und verklumpt.
gesprochen wird viel, und dann liegt es rum irgendwo.
hier ist schon viel gesprochen worden. hier wurde schon einiges gesagt, in den boden hinein.
dann hat einer rumgetreten drauf und feste erde daraus gemacht.
auf so einem boden steht man immer nur so gut man kann.
so gut es geht.
wer weiß auf welchem grund man da steht.
da sitzt es sich gut.
wer weiß aus was für einem boden man da wächst, oder was das für eine erde ist, in der wir da stehn, oder
kennt schon den grund, den grund für oder von oder gegen irgendwas.
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man spürt es fast schon keimen.
man spürt fast schon, dass es keimt, wenn man da so sitzt.
es keimt einem fast schon von unten hinein, wenn man da so in der mulde und auf der eigenen hoffnung drauf sitzt.
wenn man da wirklich lange so in der mulde drinsitzt, dann keimt einem die hoffnung von unten und in einen fast schon hinein.
wir sitzen gerne da.
wir sitzen sehr gerne hier.
wir sitzen hier gern.
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am fortsatz des gestreckten armes lässt sich der finger ausfahren. fährt der finger aus, ist es, als zeige einer mit dem pfeil auf einen anderen. ist einmal so der pfeil auf einen gerichtet, weiß jeder, wo er draufprügeln muss.
Stammgast: Sobald ihr es wisst, werde ich dem Eisverkäufer ein Zeichen geben.
Frau: Er wird wieder nicht reagieren auf ihr Zeichen, wir haben es doch vorhin schon
gesehen.
Mann: Auf mein Zeichen hat er auch nicht reagiert, ich habe vorhin gewunken, so. (Winkt.)
Eisverkäufer: (Kommt.) Wenn ihr euch enschieden habt, werde ich die Bestellung
entgegennehmen, dafür werde ich bezahlt.
Mann: Wir haben uns noch nicht entschieden.
Frau: Wir haben die Situation nur durchgespielt.